Der Osterhas in einer glücklichen
Schwabenfamilie.
Der Osterhas ist
schon auf dem Wege, er kommt mit einem vollen Korb. Diese Freudenbotschaft
brachten die zurückgeflogenen Glocken in der Phantasie träumender Kinder. Der
kleine Peter, Söhnchen des Dorftrommlers, der diese Nachricht mit besonderer
Begeisterung verbreitet, wollte ihn sogar schon am Vorabend im Klee gesehen
haben. Weil der Hase aber kein Nest fand, übernachtete er auf der Hutweide. So erzählte es der kleine Peter. Von dem
bekannten Trommler sei nur so viel erwähnt, daß er
Vetter Josef hieß und sechs Kinder "großgezogen" hat. In der Stube
dieses volkreichen Hauses wurde in den Nachmittagsstunden des Karsamstags
lebhaft debattiert. Laute Kinderstimmen hielten Rat, wo sie das Nest machen
sollten, damit der Osterhase es findet. Nach vielen Rätselraten entschied sich
der eine für den Laubschober, ein anderer für den Hambar,
ein dritter wieder macht sein Nest unter einen Blumenstock usw. Wichtig war, daß außer der Mutter niemand wußte,
wo der Osterhase erwartet wurde. Der kleine Peter machte sein Nest ins Korwl. Er gab reichlich Gras hinein und stellte es in einen
Nebenraum. Eine gestreute Grasspur und ein bekannter Geruch sollten dem
Osterhasen das Auffinden des Nestes erleichtern. Peter nahm deshalb das Gras
von einem Ort. wo der Osterhas übernachtet, aus dem
Bahngraben, von der Wiese usw.
Am Abend feierte das ganze Dorf die Auferstehung.
Inzwischen ist es Nacht geworden. Irgendwo heulte ein Hund oder es kreischte
eine Katze, dann wurde es still, geheimnisvoll. Das Dorf lag in tiefer Stille.
Alles schlief. Allein die Kinder fanden keinen Schlaf, weil sie den Osterhasen
erlauschen wollten. Endlich hatte es Sandmännchen doch geschafft. Was die
Kinder im Traum sahen und wie es auch heute noch in kindlicher Vorstellung
geschieht, läßt sich wie folgt zusammenfassen:
Hasenmütterchen hüpft von Hühnerstall zu Hühnerstall, hebt die Eier aus und sammelt sie in einer Kraxe. Hasenväterchen fährt die Eier nach Hause und färbt sie. In der Morgendämmerung des Ostersonntags trägt Hasenmütterchen die gefärbten Eier in die Nester der braven Kinder. Der Traum war fort, die Kinder erwachten. Voller Freude sprangen sie zu ihren Nestern, um zu sehen, was der Osterhas hineingelegt hat. Aber schon die ersten Blicke sollten sie bitter enttäuschen. Während der kleine Peter die schönsten Sachen, bunt gefärbte Eier, Schokoladenhasen und andere Leckerbissen vorfand, waren die Nester seiner Geschwister spurlos verschwunden. "Mottr, Mottr, mei Nescht is fort!", rief ein kleiner Knirps und mit ihm wie aus einer Kehle auch die anderen. "Sucht's doch! Vielleicht sin's im Blumegarte" erwiderte die Mutter aus dem Fenster. Da brachten die Kinder ihr einen Zettel, auf welchem ein Wort geschrieben war. Die Mutter las: „Ver - zo - gen" Dann beroch sie das Papierstück und scherzte: "Kinr, des is a Zettl vum Osterhas; ob der net am End die Eier im Garte versteckt hat, weil'r üwr d Zaun ghopst is," ich hab'n ksiehn." Nun ließ die Mutter die Kinder sprechen und ergötzt sich an den strahlenden Gesichtern und drolligen Fragen. "So geht doch mol in d' Garte suche, bevor dem Schustersepp sei Lupp die Ajr freßt", belehrt sie der kleine Peter, indem er mit seinen Geschenken stolz und glücklich hin und her spazierte. "Dr Phedr hat recht", bekräftigte die Mutter und eilte mit den Kindern singend in den Garten:
„Qsterhäschen, bist du da? Osterhas,
ich wußt' es ja:
Hast die Kinder nur
geneckt und die Eier gut versteckt!"
Nun waren die Schätze geborgen, die Kinder glücklich, überglücklich.
Das Hasenlied hat es gemacht. Auch der achtjährige Heinrich machte mit, obwohl
er es gut wußte: der Osterhas
war die Mutter. Er wollte ihr die Freude nicht verderben. Am Nachmittag gingen
die Kinder zu Pat und Godl's Ostersache hole.